NPD bei Bürgermeister*innen-Wahl und aktuelle Situation in Eschede

Im September 2021 steht in Eschede die Bürgermeister*innen-Wahl an. Aus Eschede selbst haben sich schon 2 Kandidat*innen gefunden, die zur Wahl antreten wollen: Marlis Petersen (Grüne) und Marlon Gollnisch (SPD), das „Dreierbündnis“ CDU/FDP/BüfE suchen derzeit noch nach eine*m geeigneten Kandidat*in. Zusätzlich hat die NPD angekündigt, dass ihr Vorsitzender des NPD-Unterbezirks Stade, Manfred Dammann, der in Rotenburg lebt, sich für diese Wahl aufstellen lassen will. Dies stellt eine weitere Verlagerung der Naziaktivitäten vom Hof Nahtz am Ortsrand in die Dorfgemeinschaft dar und ist ein eindeutiger Versuch in der Kommunalpolitik Fuß zu fassen.

Die Strategie dahinter

Seit letztem Jahr verfolgt die NPD eine klare Strategie um Sich in Eschede zu etablieren. Durch Mini-Demos und Kundgebungen wird Druck auf die lokale Bevölkerung und Kommunalpolitik aufgebaut. Ziel der Nazis ist es damit den Einwohner*innen auf die Nerven zugehen, um der Bevölkerung ihr Angebot („Wir lassen euch in Ruhe – ihr lasst uns in Ruhe“ – NPD-Flyer vom 22.08.2020) schmackhaft zu machen.

Der öffentliche Diskurs um die Problematik eines überregionalen Nazizentrums im Ort soll damit verschoben werden.

Während die Nazis weiterhin ihre Strukturen stärken und der Hof immer mehr ausgebaut und abgeschirmt wird, um als ein überregionales, norddeutschlandweit wichtiges Schulungszentrum etabliert zu werden, diskutieren jetzt die Kommunalpolitik, Presse und Bürger*innen über die Sinnhaftigkeit von Protest und über die fadenscheinigen Angebote der NPD.

Warum jetzt diese Kandidatur

Wirkliche Chancen auf die Bürgermeisterwahl hat die NPD nicht. Das ist jedoch auch gar nicht ihr primäres Ziel! Aber durch diese Aufstellung bleiben sie in der gesellschaftlichen Diskussion präsent und inszenieren die NPD als vermeintlich legitime, demokratische Partei.

Mit dieser vermeintlichen Legitimation werden sie fordern, am politischen Diskurs teilhaben zu können. Sie werden darauf bestehen, auf öffentlichen Podien zu sitzen, Interviews in Zeitungen zu geben und so ihre rechte, menschenverachtende Hetze zu verbreiten.

Alles fei nach dem Motto: „Nazis die an demokratischen Wahlen teilnehmen und mit anderen Politikern auf einem Podium sitzen, können ja nicht so schlimm sein. Da spricht doch nichts dagegen, dass sich solche Leute auch auf ihrem eigenen Gelände treffen.“

Obwohl die NPD noch nicht im betreffenden Gemeinde- und Landrat vertreten ist, kann sie nach dem niedersächsischen Kommunalwahlgesetz dort eine*n Kandidat*in ins Rennen bringen. Dafür muss eine noch nicht vertretene Partei, wie die NPD, zwar Unterstützer*innen-Unterschriften (48 Stück) im Vorfeld einholen und einreichen, was etwas umständlich aber machbar ist. Dieser etwas größere Aufwand lohnt sich besonders im Hinblick darauf, dass die NPD mit der Kandidatur von Dammann als Bürgermeister-Kandidat das eigentliche Problem um ein Schulungszentrum in Eschede immer weiter in den Hintergrund rücken lässt.

Aktuelle Situation in Eschede

Die Nazis und die NPD stärken in und um Eschede weiterhin ihre Strukturen! Immer öfter treten Neonazis offen in Szenekleidung auf – es herrscht ein Klima, wo dies ungestört und meist unwidersprochen möglich ist und die Neonazis keine Konsequenzen befürchten müssen.

Die Nazis treten akut nicht so sehr öffentlich in Erscheinung in Eschede. Das Ausbleiben weiterer Aktionen und Aufmärsche beruht allerdings nicht auf dem Engagement im Ort gegen die Aktivitäten der Nazis, was leider immer noch absolut unzureichenden und wenig erfolgreich ist, sondern vielmehr auf der bestehenden Corona-Pandemie und den damit verbundenen Auflagen.

Im Hintergrund geschieht von Seiten der NPD jedoch eine ganze Menge. Der Hof Nahtz wird immer weiter ausgebaut und abgeschirmt. Eine regelrechte Militarisierung mit Aussichtstürmen, Metallzäunen und einer allgemeinen Bewaffnung findet statt. Die Anziehung innerhalb der rechten Szene wächst durch die vorhandenen Handlungsmöglichkeiten weiter an. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Neonazis ganz gezielt nach Eschede oder in umliegende Dörfer ziehen.

Derweil werden politische Gegner*innen gezielt bedroht und immer wieder angegangen. Sowohl online als auch verbal bei Reden und Demonstrationen sowie durch eindeutige Bedrohungen im Wohnumfeld. So wurde z. B. während der NPD-Flyer-Verteilaktion am 22.08.2020 in Eschede das Auto eine*r Einwohner*in beschädigt und zwei Reifen zerstochen. Auch im Nachgang des Aufmarsches der NPD am 19.09.2020 in Eschede kam es zu einem Angriff auf Pressevertreter durch die Teilnehmenden der NPD Veranstaltungen.

Diese Entwicklung zeigt in erschreckender Weise, wie sicher sich die Nazis in Eschede inzwischen fühlen. Als wäre es völlig selbstverständlich, greifen sie andere Menschen an, beleidigen Einwohner*innen, täuschen Behörden und bedrohen Menschen, die ihnen widersprechen. Dies ist nicht hinnehmbar und muss als eine weitere Eskalation der Situation von Seiten der Nazis bewertet werden.

Durch die Untätigkeit von Politik, Verwaltung, Landkreis, Polizei und letztlich auch der breiten Zivilgesellschaft wurde den Nazis eine regelrechte Wohlfühlzone geschaffen. Selbst nach Übergriffen und offensichtlichen Bedrohungen haben sie im Landkreis Celle nichts zu befürchten. Das spielt der NPD enorm in die Hände. Neue Anhänger*innen ziehen in die Region oder bekennen sich als solche und die Strukturen werden weiter gefestigt.

Was ist nun zu tun? Was können unsere Strategien sein?

Es muss gelingen den Wahlkampf der Nazis und ihre Bemühungen sich in die öffentlichen Diskussionen einzubringen zunichte zu machen! Es darf keine Podien und keine Diskussionsveranstaltungen mit NPD Politiker*innen als Teilnehmende geben, da diese sonst mit ihren Parolen die Diskussion dominieren. Meist stehen die anwesenden Demokrat*innen einer solchen Situation unsicher, wenn nicht gar hilflos gegenüber.

Die Abgrenzung demokratischer Kräfte gegenüber rechtsextremem Gedankengut muss eindeutig und konsequent sein. Gemeinsame Auftritte mit Vertreter*innen der NPD auf Veranstaltungen nutzen einer politisch-inhaltlichen Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nicht.

Die NPD ist zwar eine legale Partei, ihre Politik besitzt jedoch keine demokratische legitimität. Dass viele rechtsextreme Gruppierungen und Parteien nicht verboten sind, bedeutet nicht, dass sie demokratisch sind und sich auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen. In der Tat ist die NPD weder eine „normale“ noch eine demokratische Partei. Die NPD leugnet die deutsche Kriegsschuld, die deutschen Kriegsverbrechen und die Völkermorde der Nationalsozialisten. Sie steht außerhalb des demokratischen Grundkonsenses und sie verachtet die Demokratie; ihre Teilnahme an Wahlen und die Entsendung von Abgeordneten in Parlamente folgt allein taktischen Überlegungen. Ihre Parlamentarier*innen und Parteifunktionär*innen sind keine Politiker*innen wie alle anderen – und dürfen auch nicht als solche behandelt werden.

Alle Erfahrungen zeigen, dass nur durch die konsequente und gemeinsame Zurückweisung die Versuche der Rechtsextremen, die Meinungsführerschaft zu übernehmen, erfolgreich abgewehrt werden können. Dass die Strategie von Rechtsextremen mancherorts erfolgreich ist, unterstreicht die Notwendigkeit, sie von öffentlichen Veranstaltungen auszuschließen. Damit sich Rechtsextreme nicht als unschuldige Opfer präsentieren muss der Ausschluss immer inhaltlich begründet werden.

Langfristiges Ziel muss es darüber hinaus weiterhin sein, dass Schulungszentrum zu schließen! Dies darf nicht aus den Augen gelassen werden!

Wir alle müssen uns gemeinsam auf vielfältige Art den Nazis in den Weg stellen. Auf eine Art die für sie unbequem und auf Dauer zum Problem wird. Gleichzeitig müssen wir solidarisch mit den Einwohner*innen von Eschede sein, welche bereits von Nazis angegriffen und Bedroht wurden und die nach wie vor um ihre Gesundheit und ihr Leben fürchten müssen.

Engagement gegen Nazis darf kein reines Wahlkampfprojekt sein! Sich als Dorfgemeinschaft couragiert Nazis zu widersetzen bringt einem keinen schlechten Ruf ein – im Gegenteil! Ein Ort wie Eschede muss sich eben auch am Erfolg des Protestes messen lassen.